Glosse
Böllerverbot an Silvester in vielen Ländern – notwendiges Übel oder eine grundlegend gute Idee?
The same procedure as every year…
Die Diskussion, die alle Jahre kurz vor Silvester wiederkommt, ist diejenige um das Verbot von Feuerwerken und Pyrotechnik. Lange wurde darum gerungen, wie wir diesen Jahreswechsel feiern werden. Insbesondere in dem turbulenten Jahr 2020 war dies abermals Anstoß für hitzige Debatten. Freiheit für die Bürger_innen und das freie frönen eines Rituals oder Rücksicht auf die belasteten Krankenhäuser und Solidarität mit dem medizinischen Personal?
Es gibt zahlreiche gute Gründe dieses Brauchtum neu zu denken, daher sprengen wir hier nicht den Rahmen und nehmen stellvertretend nur drei Faktoren unter die Lupe. Denn von den 200 Tonnen Abfall (nur in den Hauptstädten), die als Reste vom Feste keiner mehr haben möchte, fangen wir hier gar nicht erst an – selbst das Recycling ist kompliziert. Die Reaktionen unserer Haustiere sind ebenfalls allzu deutlich, um die Problematik relativieren zu können und Kriegsversehrte sehen diesen einen Tag im Jahr ebenso mit anderen Augen usw. usw.
„Die Kulturtechnik des Böllerns stammt ursprünglich aus China. In der Provinz Hunan soll der Mönch Li Tian im 7. Jahrhundert mit Schießpulver experimentiert haben, um Dämonen und böse Geister zu vertreiben. Die Feuerwerksbranche weltweit verehrt den Chinesen noch immer.“ Nunmehr haben wir aus nachvollziehbaren Gründen ein offizielles Verbot des Verkaufs von Feuerwerkskörpern auf Bundesebene. Um was für Auswirkungen geht es aber genau, wenn wir gemeinsam den Jahreswechsel mit Pyrotechnik ausklingen lassen?
Schwere Verletzungen jedes Jahr
Womit wir da alle kollektiv an den Tagen des Jahresendes hantieren, ist kein Spielzeug. Von mittleren bis schweren Verletzungen lässt sich mit Gewissheit jeden Januar in den Medien lesen und bereits in der Zeit zuvor wird von verheerenden Geschehnissen berichtet. In Kassel hätte sich ein Mann beinahe selbst gerichtet, bei dem Versuch selbst Hand an den Sprengstoff zu legen. Solche unüberlegten und brandgefährlichen Aktionen bilden sicherlich eher die Ausnahme, aber sie gehören zum Brauchtum dazu, der nun einmal mit dem Feuer spielt – wortwörtlich. Die kleineren Unfälle sind allerdings nicht die Ausnahme und belasten Krankenhäuser und Einsatzkräfte jedes Jahr erneut. Dabei sind abgerissene Finger das eine, Knalltraumata der Ohren, Verbrennungen und Splitter in den Augen eine ganz reale Gefahr. Die Zahlen sind so ernüchternd, dass es immer wieder Leitfäden zur Erstbehandlung der Verletzungen zu Silvester in die Nachrichten schaffen. 60 % der Verletzungen bei Kindern finden ohne eigenes Zutun der Kinder statt – sie sind also unbeteiligt und doch gefährdet!
Spiel mit dem Feuer
Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an den katastrophalen Brand im letzten Jahr, dessen lodernden Flammen zig Menschenaffen und weitere Tiere zum Opfer gefallen sind. Auch solche Brände sind keine Einzelfälle, sondern trauriger Alltag der Feuerwehren jedes Jahr. Zwischen Weihnachten und Neujahr werden im Schnitt etwa 10.000 zusätzliche Brandereignisse verzeichnet – doch nur den Einsatzkräften geht dabei anscheinend ein Licht auf.
Verrückte Geschichte (@drguidoknapp)