Ein neues Jahrzehnt
Vermutlich wird ein Begriff den Anfang des so neuen Jahres am meisten prägen: Feuer. Jeder hat nun vielleicht unterschiedliche Assoziationen dieser Tage darauf, aber allen gemein ist, dass sie negativ behaftet, traurig und katastrophal sind. So beginnt man kein neues Jahr, auch wenn wir nicht ignorieren können, was unsere Gesellschaft bedroht. Fangen wir hier lieber mit etwas positivem an.
Ein Veganer vor Gericht
In den letzten Tagen des auslaufenden Jahrzehnts konnte man eine faszinierende Streitigkeit verfolgen. Großbritannien – 2019 – ein Veganer verklagt seinen ehemaligen Arbeitgeber. Jordi Casamitjana ist nach eigenen Angaben ein ethischer Veganer. Er verfolgt die alternative Ernährungsweise also aus ethischen Positionen heraus und nicht aufgrund von kulinarischen Angewohnheiten. Das ist allerdings noch nicht alles, denn sein gesamtes Leben ist nach dieser Auffassung gestaltet, wodurch er auch auf Leder verzichtet und allgemein kein Konsum tätigt, der ein Tier-Wohl tangieren könnte. Der durchschnittliche Veganer nickt sicherlich an dieser Stelle, da er die Konsequenzen in seinem Leben durch die ethische Position sehr gut kennen wird. Tierische Inhaltsstoffe sind immerhin in einer Vielzahl von Produkten und in einer Reihe von Produktionszyklen vorhanden und werden von den meisten Veganern konsequent abgelehnt. Casamitjana geht dabei besonders konsequentialistisch vor (die Lehre des Konsequenten) und meidet nicht nur öffentliche Verkehrsmittel, aufgrund der Gefahr, dass Tiere verletzt werden könnten, sondern verzichtet auch auf die Zahlung per Bargeld, weil bei der Produktion tierische Inhalte verwendet werden (beim Euro nicht). Aufgrund dieser Lebensweise und der Kündigung seines Arbeitgebers strengte er per Crowdfunding eine Klage an, um ethischen Veganismus zukünftig vor Diskriminierung schützen zu lassen. Die Idee ist die Eintragung des Veganismus als philosophische Weltanschauung.
Der Ärger mit dem Arbeitgeber
Der Veganer arbeitete bis Mitte 2018 in einer hohen Position bei der „League Against Cruel Sports“, die sich dem Kampf gegen missbräuchliche Sportevents wie Fuchsjagd oder Stierkampf verschrieben hat. Casamitjana geht davon aus, entlassen worden zu sein, nachdem er seinen Kollegen riet, nicht in den Pensionsfond des Unternehmens zu investieren, da dieser auch in Unternehmen investiere die Tierversuche betreiben. Der Arbeitgeber widerspricht dieser Darstellung, räumt aber ein, nicht mehr ausschließlich in nachhaltige und ethische Fonds investieren zu wollen, worüber die Angestellten informiert wurden. Wurde der Kläger also aufgrund seiner Lebensweise und seiner Kritik gekündigt und womöglich diskriminiert? Ein Fall für das britische Gericht.
Erfolg! Ethischer Veganismus ist in Großbritannien eine geschützte Weltanschauung
Im neuen Jahr wurde der Prozess nun beendet und dem Veganer wurde recht gegeben. Ethischer Veganismus ist nun in Großbritannien eine geschützte Weltanschauung und unterliegt demnach dem Gleichstellungsgesetz und dem Diskriminierungsverbot. Notwendig war dafür die Beweisführung, dass sich diese Lebensweise auf das gesamte Leben und Handeln auswirkt. Aufgrund dieser weitreichenden Weltsicht entsteht nach Casamitjana ein Gebot des moralischen Handelns (Anm. d. Verf. vgl.: kategorischen und ökologischen Imperativ), der die Gleichberechtigung nicht-menschlicher Lebewesen zum zentralen Merkmal macht – eine Art Antispeziesismus. Das Arbeitsgericht folgte dieser Argumentation und entschied zugunsten des Klägers, indem der ethische Veganismus in einer demokratischen Gesellschaft Respekt verdiene, wenn er sich signifikant auf das menschliche Leben auswirke. Ein Erfolg – für Veganer in Großbritannien. Andere europäische Staaten könnten nun dem Beispiel folgen, wenn es zu Gerichtsprozessen kommt. (Hier eine Einschätzung zu dem deutschen Recht) Euer beeanco-Team (Ulf S.)
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